Goldrallye: Lohnt der Einstieg noch?
Preisrallye im Windschatten von geopolitischen Gefahren, Inflation und Notenbanken
Während die Ursachenforschung für die unerwartete gegenwärtige Goldpreisrally noch läuft, scheint sich der Goldpreis auf seinem neuen Rekordniveau, mit Rückenwind durch günstige volkswirtschaftliche und finanzmarktspezifische Faktoren sowie die geopolitische Unsicherheit, bei leichter Aufwärtstendenz weitestgehend gefestigt zu haben. Es folgt eine kurze Bewertung der aktuell am stärksten diskutierten Preistreiber.
Historisch gesehen, bewegen sich reale Zinsen und Goldpreise in unterschiedliche Richtungen. Dies liegt daran, dass Gold keine Zinsen generiert und somit einem Investment mit negativer Realverzinsung vorzuziehen ist. Aktuell spricht jedoch vieles für persistente Inflationsraten bei einem relativ hohem Zinsniveau und somit einer Periode mit allgemein höheren Realzinsen, was sich negativ auf den Goldpreis auswirken sollte. Auf der anderen Seite hat Gold jedoch vor allem bis zur Jahrtausendwende insbesondere als Inflationsschutz gedient. Falls dieses Motiv neu auf-flammen sollte, oder bereits aufgeflammt ist, würden sich höhere Inflationserwartungen positiv auf den Goldpreis auswirken. Insgesamt scheint es so, dass sofern erwartete Zinssenkungen der Zentralbanken ein zentraler Treiber für den starken Goldpreisanstieg sein sollten, dies in erster Linie ein kurzfristiges spekulatives Motiv widerspiegelt.
Während ETFs in den letzten 2 Jahren auf der Verkäuferseite von Gold standen, haben Zentralbanken in einem noch nie dagewesenen Ausmaß Goldreserven erworben. Da das Goldangebot relativ konstant ist, zählen Zentralbanken, die heute rund ein Fünftel des weltweit jemals geförderten Goldes halten, zu den wichtigsten Akteuren auf dem Goldmarkt. Aktuell scheinen die Motive vor allem die Diversifikation von Reserven, der Schutz vor zukünftigen geopolitischen Spannungen, sowie eine allgemeine Reduzierung der Abhängigkeit von anderen Ländern (insbesondere den USA) zu sein. In der Tat lässt sich ein klarer Trend bei den Goldkäufen der Zentralbanken erkennen, deren Nachfrage 2023 einen neuen Rekord erreicht hat. Laut dem World Gold Council wird für 2024 ein weiterer Anstieg erwartet, sodass sich eine insgesamt höhere Goldnachfrage positiv auf den Preis auswirken sollte.
Hohe und kontinuierlich steigende geopolitische Risiken sind im aktuellen Marktumfeld nicht von der Hand zu weisen. Gold gilt hierbei üblicherweise als „sicherer Hafen“ zum Schutz vor derartigen Risiken. Die geopolitische Gefahrenlage scheint in der Tat aktuell eher zu- als abzunehmen. Neben dem Ukrainekrieg ist es vor allem die sich zuspitzende Lage im Nahostkonflikt.
Fazit: Insgesamt deutet vieles darauf hin, dass die fundamentalen Daten in der Tat ein Kursziel von 2.300 US-Dollar für 2024 weitestgehend rechtfertigen. Selbst wenn der Goldpreis durch die Rally und „zu optimistischen Erwartungen“ bereits seinen fundamentalen Wert überschritten habe sollte und es zu einer größeren Preiskorrektur kommt, so sprechen steigende geopolitische Risiken, Inflations-sorgen und voraussichtlich stark bleibende Goldkäufe durch die Zentralbanken insgesamt für eine Stabilisierung mit leichter Wachstumstendenz. Die Frage danach, ob sich ein Einstieg zum aktuellen Kurs noch lohnt, hängt vor allem von dem individuellen Anlagemotiv ab. Hierbei sollte vor allem die Funktion von Gold als Inflationsschutz und als sicherer Hafen im Vordergrund stehen und nicht die Erzielung kurzfristiger Spekulationsgewinne. In diesem Fall kann sich auch ein Einstieg auf dem aktuellen Niveau lohnen.