Japan lässt Leitzins unverändert
Die Bank of Japan (BoJ) ließ den Leitzins – seit März ist dies der Tagesgeldsatz – bei ihrer Sitzung im Juni unverändert in der Spanne von 0,0% bis 0,1%.
Auf Einlagen bei der Zentralbank werden weiterhin 0,1% Zinsen gezahlt.
Außerdem beschloss sie, das Anleihekaufprogramm von März wie geplant bis 28.Juni fortzuführen und danach zu reduzieren, um die langfristigen Zinsen verstärkt durch den Markt bestimmen zu lassen. Einen konkreten Plan für die kommenden ein bis zwei Jahre wird sie aber erst in der Juli-Sitzung vorlegen, wenn auch die neue Projektion veröffentlicht wird.
Die BoJ erklärte, dass die heimische Wirtschaft sich moderat erholt habe. In ihrem jüngsten Ausblick von April geht sie zudem von Inflationsraten nahe dem Zielwert von 2% aus. Dies dürfte als Hinweis verstanden werden, dass sie sich auf dem Weg zu etwas höheren Leitzinsen befindet. Rasche kräftige Zinsanhebungen sind allerdings nicht zu erwarten.
Intervention beim Wechselkurs?
Zuletzt ließ die BoJ noch verlauten, die japanische Geldpolitik sei nicht darauf ausgerichtet, die Devisenkurse direkt zu kontrollieren. Der Wechselkurs des japanischen Yen zum US-Dollar fiel daraufhin auf den tiefsten Stand seit 1990.
Anfang Mai kam es dann innerhalb weniger Tage zu einer Aufwertung um gut 3%. Daten der BoJ zeigen, dass es wohl zu einer Intervention im Umfang von rund 3,66 Billion Yen (23,6 Mrd. USD) kam, um die japanische Währung zu stützen.
Geldpolitische Wende im März
Im März beschloss die BoJ die lange erwartete geldpolitische Wende und beendete die Anfang 2016 begonnene Phase negativer Leitzinsen. Es war zudem die erste Leitzinserhöhung seit 17 Jahren.
Beendet wurde auch die seit Ende 2016 verfolgte „quantitative und qualitative monetäre Lockerung mit Zinskurvensteuerung“ (Quantitative and Qualitative Monetary Easing (QQE) with Yield Curve Control).
Das lange Ende der Kurve, also die langfristigen Zinsen, sollen zunehmend durch den Markt bestimmt werden. Wie stark dies der Fall sein wird, hängt allerdings vom weiteren Anleihekaufprogramm der BoJ ab. Aktuell erwirbt sie noch Staatsanleihen, Geldmarktpapiere und Unternehmensanleihen im monatlichen Umfang von bis zu 6 Bill. Yen.
Inflationsrate auf Zielkurs
Ursächlich für die geldpolitische Wende in Japan war zunehmende Gewissheit der Notenbank, dass sich die Inflationsrate dauerhaft im Bereich des Zielwertes von 2,0% bewegen wird. Die Wechselwirkung zwischen Lohnanhebungen und Inflationsraten wurde stabiler, so dass die Tarifrunde bei Großunternehmen zu Lohnanhebungen von mehr als 5% führte. Dies war der höchste Anstieg seit mehr als 30 Jahren.
Mit der Rückkehr klar positiver Inflationsraten endet die jahrzehntelange Phase der Deflation. Seit Ende der 80er Jahre bewegten sich die Inflationsraten – abgesehen von kurzen Ausreißern nahe der Nulllinie, häufig auch darunter.
Die BoJ misst die Preissteigerungen mit der Kern-Inflationsrate „all items less fresh food“, die 2023 auf 3,1% stieg. Im April lag sie bei 2,5% und dürfte auch in den kommenden Monaten den Zielwert von 2,0% leicht übersteigen.
Die Bank of Japan rechnet in ihren Projektionen vom April mit Inflationsraten von 2,8% in 2024 und jeweils 1,9% in 2025 und 2026. Diesen Werten liegt jeweils das Ende März endende Fiskaljahr zugrunde. Die Werte auf Basis des Kalenderjahres dürften ähnlich ausfallen.
BIP 2024: +0,8%
Das japanische Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs im Kalenderjahr 2023 um 1,9%. In dem im März endenden Kalenderjahr müssten es 1,2% gewesen sein.
Die Bank of Japan rechnet in ihren Projektionen vom April mit BIP-Zuwächsen von 0,8% in 2024 und jeweils 1,0% in 2025 und 2026. Die Werte basieren auf dem Fiskaljahr. Gemessen in Kalenderjahren fallen sie ähnlich aus. Wir halten diese Schätzungen für realistisch.
Yen: Boden erreicht?
Seit Anfang 2021 ist der Yen auf Talfahrt. Gegenüber dem Euro verlor er in dieser Zeit rund ein Drittel, gegenüber dem US-Dollar sogar mehr als die Hälfte. Seit Jahresbeginn 2024 liegt der Yen zum Euro knapp 8% und zum US-Dollar knapp 11% hinten.
Mit der ersten Leitzinsanhebung seit 17 Jahren in Japan wurde die Hoffnung verbunden, dass der Yen seine Talfahrt beendet. Bislang scheint er dafür aber auf die Stützung durch die Zentralbank angewiesen zu sein. Zumindest seit Ende April hält er sich denn auch weitgehend stabil. Zudem stellt der aktuelle Wechselkurs von knapp 170 Yen zu einem Euro auch den historischen Maximalwert von Mitte 2008 und damit eine Haltelinie dar,
Fazit: Die japanische Zentralbank scheint gewillt, den Yen nicht weiter fallen zu lassen. Für Aufwärtsimpulse müsste die Zinswende jedoch entschieden fortgeführt werden, ohne die Konjunktur abzuwürgen.