Chinas Wachstum hinter eigenen Ansprüchen

veröffentlicht am 15. Juli 2024 um 17:24 Uhr

Chinas Wachstum hinter eigenen Ansprüchen

 

Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt lag im zweiten Quartal konjunkturell gesehen hinter den eigenen Ansprüchen zurück. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Chinas lag im ersten Halbjahr mit 61,7 Bill Renminbi zwar 5,0% über dem Vorjahreszeitraum. Das zweite Vierteljahr zog dabei mit 4,7% Wachstum zum Vorjahr den Durchschnitt jedoch nach unten. Im Vergleich zum ersten Quartal lag der BIP-Anstieg sogar nur bei 0,7%. Beide Werte enttäuschten die Konsensschätzung deutlich.

Nach außen zeigt sich das Nationale Statistikamt trotzdem zufrieden und stellt die Stabilität und den kontinuierlichen Fortschritt nach vorne. Gleichzeitig betont es aber auch, dass die Inlandsnachfrage unzureichend ist und die Grundlage für eine solide wirtschaftliche Erholung noch gestärkt werden muss.

 

Außenhandel nur auf den ersten Blick erholt

Der Außenhandel expandierte im ersten Halbjahr im Jahresvergleich um 6,1% auf insgesamt 21,2 Bill Renminbi (RMB) und erzielte einen Handelsbilanzüberschuss von 3,1 Bill RMB. Dies war aber eher auf schwache Importe als auf starke Exporte zurückzuführen. Die Ausfuhren wuchsen um 6,9% auf 12,1 Bill RMB, die Einfuhren legten um 5,2% auf 9,0 Bill RMB zu.

Die Industrieproduktion wuchs um 6,0% zum Vorjahr. Die Gewinne der Industrieunternehmen nahmen drastisch ab und lagen in den ersten fünf Monaten nur noch 3,4% über dem Vorjahreszeitraum.

Der Einzelhandel steigerte den Umsatz um 3,7% auf 23,6 Bill RMB. Für den Dienstleistungssektor wurde ein Plus von 4,6% gemeldet, die Investitionen stiegen um 3,9% auf 24,5 Bill RMB.

Die Verbraucherpreise lagen im ersten Halbjahr ungewöhnlich weit unter dem Zielwert von 3,0%. Die den gesamten Warenkorb erfassende Headline-Inflationsrate wurde mit 0,1%, die Kernrate der Inflation mit 0,7% gemessen. Die Erzeugerpreise für industrielle Produkte sanken sogar um 2,1%.

Beim verfügbaren Einkommen meldete das Statistikamt für das ersten Halbjahr einen realen Zuwachs von 5,3%. Die Arbeitslosenquote lag bei 5,1%.

 

Dienstleistungssektor dominiert

In den ersten sechs Monaten 2024 wurde ein Bruttoinlandsprodukt von insgesamt 61,7 Bill RMB erwirtschaftet. 57% des BIP (bzw. 35,0 Bill RMB) wurden im Dienstleistungssektor generiert, 38% (23,7 Bill RMB) entfielen auf die Industrie und lediglich 5% (3,1 Bill RMB) auf die Landwirtschaft.

 

Wie geht es weiter?

Nach dem konjunkturellen Wiedererstarken in den ersten drei Monaten fiel das zweite Quartal hinter den Erwartungen zurück. Die Quartalswachstumsrate lag mit 0,7% ganze 0,4 Prozentpunkte unter der Marktprognose.

Drei von vier Einkaufsmanagerindizes bewegen sich zwar schon länger oberhalb der Wachstumsschwelle. Mit dem NBS-Index für die Industrie liegt allerdings der wichtigste Indikator seit Mai wieder darunter. Außerdem sind zwei weitere tendenziell abwärtsgerichtet. Dies lässt eine Tempoaufnahme unwahrscheinlich erscheinen.

Das offizielle Wachstumsziel von „etwa 5%“ dürfte nun nur noch gerundet erreicht werden. Wird nicht noch ein größeres Konjunkturprogramm aufgesetzt gehen wir von 4,8% Wachstum in 2024 und 4,0% in 2025 aus.

Fazit: Nach dem starken Jahresauftakt enttäuschte das zweite Quartal. Das offizielle BIP-Wachstumsziel von „etwa 5%“ dürfte 2024 nun nur noch gerundet erreicht werden.