Neuseeland setzt Zinssenkungen fort

veröffentlicht am 10. Oktober 2024 um 10:00 Uhr

Neuseeland setzt Zinssenkungen fort

 

Die Reserve Bank of New Zealand (RBNZ) reduzierte die Official Cash Rate (OCR) im August um 0,50% auf jetzt 4,75%. Dies entsprach der Markterwartung. Die Wirtschaftsleistung sei gedrückt – teilweise aufgrund der restriktiven Geldpolitik. Das globale Wachstum sei niedrig und der Ausblick für die zwei größten Volkswirtschaften, USA und China, würden auf eine Abkühlung hindeuten. Die neuseeländische Wirtschaft habe derzeit Überkapazitäten, so dass sich Preise und Löhne hin zu einem Umfeld niedriger Inflation entwickelten.

Leitzins soll weiter sinken

In der Projektion von August (die nächste Aktualisierung erfolgt im November) hat die RBNZ ihre Leitzins-Vorhersagen deutlich nach unten korrigiert. So könnte die OCR ihren Höchstpunkt überschritten haben und bis Jahresende auf 4,9% sinken – die Senkungen fielen jedoch schon höher aus, so dass dieser Wert überholt ist. In der Mai-Prognose war noch ein weiterer Anstieg auf 5,7% zum Jahresende angenommen worden. Für 2025 wird ein Rückgang um rund 1% und für 2026 um rund 0,75% angenommen. Ab 2027 sollte dann die neutrale Rate erreicht werden, die bei 3,0% gesehen wird.

Inflationsraten gehen zurück

Die Teuerungsrate in Neuseeland wird quartalsweise ausgewiesen. Im ersten Quartal ist sie auf 4,0% und im zweiten Quartal auf 3,3% gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken. Allerdings sind die Unterschiede innerhalb des Warenkorbs groß. Während handelbare Güter zuletzt nur noch eine Teuerung von 0,3% aufwiesen, sind die Preise für nicht-handelbare um 5,4% gestiegen.

Als „nicht-handelbar“ werden Waren und Dienstleistungen bezeichnet, die kaum internationalem Wettbewerb unterliegen und damit hauptsächlich durch inländische Faktoren beeinflusst werden. Sie machen etwa 60% des gesamten Warenkorbs aus. Ihre Teuerung liegt nahe der Kerninflation und ist eine wichtige Metrik für die Zentralbank, um die Nachhaltigkeit der Preisentwicklung zu bewerten.

An der Einschätzung, dass die Headline-Inflation in der zweiten Jahreshälfte 2024 wieder in den Zielkorridor eintreten wird, hat die Notenbank nichts geändert. Dieser liegt zwischen 1% und 3%. Ihre grundsätzliche Inflationserwartung hat sich aber nach unten angepasst. So soll die Teuerung in den nächsten sechs Quartalen bei rund 2,3% liegen (+/- 0,1 Prozentpunkt) und ab den zweiten Quartal 2026 auf 2,0% sinken und dort verharren.

Konjunkturelle Erholung erst ab 2025

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stagnierte im letzten Quartal 2023. Mit den revidierten Werten wurde damit eine technische Rezession in der zweiten Jahreshälfte 2023 vermieden. Im ersten Quartal 2024 gab es dann ein kleines Wachstum von 0,1% zum Vorquartal, gefolgt von einem Rückgang von -0,2% im zweiten Quartal. Die Bilanz der letzten zwei Jahre bleibt schlecht: fünf von acht Quartalen konnten kein BIP-Zuwachs ausweisen. Hohe Zinsen haben den Privatkonsum sowie Wohnungsbau- und Unternehmensinvestitionen trotz eines starken Bevölkerungswachstums gedrückt.

In der aktualisierten Projektion blickt die RBNZ pessimistischer auf den Rest des Jahres als zuvor. Das geringe globale Wachstum, niedrigere Zuwanderung und reduzierte Staatsausgaben drücken die Nachfrage. Mit -0,5% im zweiten und -0,2% im dritten Quartal wird eine erneute technische Rezession erwartet. Eine wirtschaftliche Erholung sieht sie erst für das nächste Jahr. Ab 2025 soll das Quartalswachstum für den Rest des Betrachtungszeitraums bei rund 0,8% liegen (+/- 0,1 Prozentpunkte).

Haushaltsdefizite bleiben

Vor 2020 hatte Neuseeland einen jährlichen Haushaltsüberschuss, der sich aufgrund der Covid-Pandemie jedoch in ein Defizit drehte und in der Spitze bei -7,3% lag. Gegenüber der Mai-Projektion geht die Notenbank nun von höheren Defiziten für den Betrachtungszeitraum aus. So soll der Fehlbetrag 2025 auf 3,3% (zuvor 1,9%) steigen und 2026 nur auf 1,8% (zuvor 1,1%) und 2027 auf 0,4% (zuvor: 0,2%) sinken.

Leistungsbilanz defizitär

Der Schwachpunkt des neuseeländischen Datenkranzes bleibt die chronisch defizitäre Leistungsbilanz. Sie dürfte 2024 eine Unterdeckung von 6,8% des BIP aufweisen. Danach sollen sich die Defizite nach Einschätzung der RBNZ auf 6,1% in 2025, 4,3% in 2026 sowie 4,0% in 2027 belaufen.

Kiwi schwächelt

Der Neuseeland Dollar („Kiwi”) begann Ende 2022 eine Talfahrt, die ihren Tiefpunkt im vergangenen Sommer fand. Die anschließende Erholung brachte den Kiwi wieder in den Bereich um 1,75 NZD pro Euro, den er jedoch nicht behaupten konnte. Im laufenden Jahr liegt er gegenüber dem Euro etwa 3,2% hinten.

Fazit: Die pessimistischen Wachstumsperspektiven für das laufende Jahr und die anhaltenden Haushalts- und Leistungsbilanzdefizite dürften den Neuseeland Dollar zunächst belasten.