Einkaufsmanagerindizes mit zweigeteilter Entwicklung
• Industrie überrascht nach unten
• Dienstleistungen überraschen nach oben
• Niveaus insgesamt weiterhin enttäuschend
Die Einschätzungen der europäischen Einkaufsmanager fielen im Dezember zweigeteilt aus. Für die Industrie verzeichnete der Index für alle betrachteten Regionen (Frankreich, Deutschland und Euroraum) den dritten Rückgang bzw. Stagnation in Folge. Zudem fiel er schlechter aus als vom Markt erwartet. Der Dienstleistungssektor verbesserte sich hingegen wieder etwas und übertraf die Konsensschätzung in allen drei Regionen.
Per Saldo stieg der Gesamtindex für den Euroraum um 1,2 auf 49,5 Punkte. Damit liegt der Wert zwar noch unter der Wachstumsschwelle von 50 Zählern. Doch ist die Entfernung nicht mehr so weit und zumindest die jüngste Entwicklung etwas besser als gedacht. Die Gesamtheit des Datenkranzes lässt eine Stagnation bzw. ein Miniwachstum im Euroraum vermuten.
Industrie wieder mit Rückgang
Inzwischen können die Stimmungsindikatoren kaum mehr negativ überraschen. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für das verarbeitende Gewerbe in Deutschland fiel um 0,5 auf 42,5 Zähler. Das französische Pendant verzeichnete einen Rückgang um 1,2 auf 41,9 Punkte. Für den gesamten Euroraum ergab sich eine Stagnation auf dem Niveau von 45,2 Zählern.
Fazit: Die europäische Industrie steckt in der Krise und steht vor einem erheblichen Strukturwandel, weil sich die Erfolge im Export nicht wiederholen lassen.
Dienstleisterstimmung wieder knapp über Wachstumsschwelle
Im Dienstleistungssektor gab es eine leichte Erholung. Der deutsche Service-Index legte 1,7 Zähler zu und liegt mit 51,0 wieder im Expansionsbereich. Der französische PMI stieg um moderate 1,3 Punkte und liegt nun bei einem Wert von 48,2 – also noch immer unter der Wachstumsschwelle. Für den Euroraum liegt der Index bei 51,4.
Fazit: Der Dienstleistungssektor dürfte die europäische Wirtschaft über Wasser halten. Wachstumsimpulse sind aber auch nicht zu erwarten.
Europäischer Composite wieder mit Anstieg
Die Gesamtindizes (Composites) verbesserten sich leicht. Der deutsche Composite legte um 0,3 auf 47,8 Zähler zu, während der französische PMI um 0,8 auf 46,7 Punkte stieg. Der Euro-Gesamtindex erhöhte sich um 1,2 auf 49,5 Zähler, liegt damit aber weiterhin unter der Wachstumsschwelle.
Gesamtfazit: Der abwärtsgerichtete Trend der europäischen Industrie setzt sich fort. Der Dienstleistungssektor könnte das Schlimmste abfedern, insgesamt müssen wir uns jedoch mit geringen Wachstumsaussichten im Euroraum abfinden.
Hintergrund: Was ist ein PMI?
Einkaufsmanagerindizes sind auch als PMI (Purchasing Managers Index) bekannt. Sie gelten als recht zuverlässige Frühindikatoren für die kurzfristige konjunkturelle Entwicklung. PMI werden sowohl für die Industrie als auch für den Dienstleitungssektor erhoben. Sie zeigen an, ob eine Volkswirtschaft wächst, stagniert oder schrumpft.
Einkaufsmanagerindizes basieren auf monatlichen Befragungen von mehreren hundert Unternehmen. Gefragt wird nach der erwarteten Entwicklung von Kenngrößen wie Produktion, Auftragseingang, Beschäftigung, Lieferzeiten und Lagerbestand. Aus den Antworten werden die PMI berechnet.
Dabei gilt ein Wert von 50 als Wachstumsschwelle, als neutral. Bei 50 Punkten erwarten die befragten Unternehmen in der Summe keine Veränderung gegenüber dem Vormonat, also Stagnation.
Werte über 50 signalisieren eine Verbesserung, also Wachstum.
Liegt ein industrieller PMI unter 50 Punkten, wird mit einer schrumpfenden Industrieproduktion gerechnet.
Je größer die Abweichung von der Wachstumsschwelle, desto ausgeprägter ist der Aufschwung (über 50) bzw. der Abschwung (unter 50).
PMI für alle wichtigen Volkswirtschaften
Einkaufsmanagerindizes werden für alle bedeutenden Volkswirtschaften erhoben. Der älteste ist der amerikanische Purchasing Managers Index, erstmals berechnet 1931.
PMI bewegen sich im Normalfall zwischen 40 und 60 Punkten. In Extremzeiten sind vorübergehend auch höhere oder tiefere Werte möglich.
So fielen die Industrie-PMI in der Corona-Krise in den unteren 30-er Bereich, die Dienstleister sogar bis auf die 10-er Linie.
Im März 2021 stellte der deutsche Industrie-PMI mit 66,6 Punkten einen neuen Rekord auf, während der Einkaufsmanagerindex aus Chicago seinen Höchststand von 76,6 Zählern bereits im Februar 1973 markierte.