US-Notenbank: Leitzins gesenkt, Sorgen gestiegen
Auf ihrer Sitzung am 18. Dezember senkte die US-Notenbank (Fed) den Leitzins wie erwartet um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 4,25 % bis 4,50 %. Damit weist der Leitzins im Jahr 2024 nun einen Rückgang von insgesamt einem Prozentpunkt auf. Mit Blick auf das immer noch solide Wachstum, dem robusten Arbeitsmarkt und zuletzt gestiegenen Inflationserwartungen betonte der US-Notenbank Jerome Powell, dass die Fed vorsichtiger bei künftigen Anpassungen des Leitzinses agieren werde.
Die Erwartung vieler Marktteilnehmer, dass der Zinssenkungszyklus im Jahr 2025 zügig fortgesetzt wird, hat die Fed daher deutlich gedämpft. Der Dot-Plot – eine Grafik, in der die Leitzinsprognosen der Mitglieder des Offenmarktausschusses dargestellt werden – sieht im Median für das Jahr 2025 nicht mehr vier (Prognose vom September 2024), sondern nur noch zwei Zinssenkungen vor.
Die Gründe für die jüngste Zinssenkung im Dezember sowie die Erwartungen und der geplante weitere Verlauf der amerikanischen Geldpolitik wurden sowohl in einer Pressemitteilung als auch in einer Rede des Notenbankpräsidenten mit anschließenden Publikumsfragen erläutert.
Die Pressemitteilung
Mit Blick auf die jüngsten Daten betont die Fed, dass die US-Wirtschaft weiterhin in einem soliden Tempo wachse. Der Arbeitsmarkt habe sich im Laufe des Jahres allgemein abgekühlt und die Arbeitslosenquote sei zwar gestiegen, aber immer noch niedrig. Die Inflation gehe weiter zurück, liege aber immer noch leicht über der Zielmarke von zwei Prozent.
Die Fed hat ein duales Mandat mit den Zielen Preisstabilität und Vollbeschäftigung. In ihrer Pressemitteilung betont die Notenbank, dass sich die Risiken für das Erreichen beider Ziele mittlerweile nahezu ausgleichen.
Wie schon in den vergangenen Monaten betonte die Fed, dass Entscheidungen über eine weitere Anpassung des Leitzinses „datengetrieben“ und auf Basis der weiteren wirtschaftlichen Aussichten sowie unter Risikogesichtspunkten getroffen würden. Im Vergleich zur letzten Pressemitteilung fügte die Fed explizit einen Beisatz hinzu, der sich auf „das Ausmaß“ und „das Timing“ von Leitzinsänderungen bezieht und damit explizit ein vorsichtigeres Vorgehen der Fed unterstreicht.
Die aktuelle Datenlage habe es der Notenbank erlaubt, den Leitzins im Dezember (bei einer Gegenstimme) um 0,25 Prozentpunkte zu senken. Sollten Risiken auftreten, die die Erfüllung ihres Doppelmandats gefährden, sei die Fed jederzeit bereit, ihren geldpolitischen Kurs anzupassen.
Die Pressekonferenz
In der Pressekonferenz erläuterte Jerome Powell, wie stark die Inflation nach ihrem Höhepunkt im Jahr 2022 zurückgegangen ist, zeigte sich aber enttäuscht über die weitgehende Seitwärtsbewegung der Inflationsraten in den letzten Monaten. Insbesondere gehen die Preissteigerungen für Wohnraum (Shelter) viel langsamer zurück als von der Fed erwartet worden ist.
Mit Blick auf die künftige Wirtschaftspolitik unter Donald Trump stellt sich für die Fed zumindest derzeit zunehmend die Frage, wie sich eine Umsetzung der Wahlversprechen (höhere Zölle, Steuersenkungen, strengere Einwanderungspolitik etc.) der neuen Regierung auf die Inflations- und Konjunkturaussichten auswirken wird.
Insgesamt wiederholte der Notenbankchef auf der Pressekonferenz mehrfach und explizit, dass ein vorsichtigeres Vorgehen bei möglichen Zinssenkungen notwendig sei.
Wie geht es weiter?
Vor dem Hintergrund der jüngsten Äußerungen der Fed bestätigen wir die Aussagen und Prognosen unseres Jahresausblicks 2025. Die Fed strebt weiterhin eine Normalisierung des Zinsniveaus an. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Fed das Tempo und das Ausmaß der Zinssenkungen im Jahr 2025 verringern wird. Wichtige Gründe für ein vorsichtigeres Vorgehen der Fed sind vor allem die weiterhin robuste US-Konjunktur, der nach wie vor solide Arbeitsmarkt, der anhaltende Preisauftrieb bei einigen Komponenten der Inflationsrate sowie die große Unsicherheit über die künftige Wirtschaftspolitik der designierten US-Regierung. Nicht zuletzt diese Entwicklungen sprechen tendenziell für höhere Inflationsraten. Für das Jahr 2025 halten wir jahresdurchschnittliche Inflationsraten in einer Spanne von 2,5 bis 3,0 Prozent für realistisch.
Die expliziten Aussagen der Fed zu einem vorsichtigeren Vorgehen bei Zinssenkungen und die Anhebung ihrer Inflationserwartungen führten nach der Notenbanksitzung zu deutlichen Kursverlusten bei den US-Aktienindizes und zu steigenden Renditen an den Anleihemärkten. Die längerfristigen Zinsen dürften in den kommenden Monaten hoch bleiben und tendenziell weiter steigen.
Entscheidend für die weitere Zinsentwicklung in den USA dürfte die tatsächliche Ausgestaltung der Wirtschaftspolitik der künftigen US-Regierung sein. Die von Donald Trump im Wahlkampf gemachten Versprechungen sind zum Teil widersprüchlich, dürften aber, wenn sie tatsächlich umgesetzt werden, eher zu steigenden Inflationsraten führen. Eine vorsichtiger agierende US-Notenbank, die angesichts des steigenden Inflationsdrucks die Zinsen nicht weiter senken kann bzw. wieder anheben muss, würde gleichzeitig jedoch eine große Herausforderung für die Umsetzbarkeit der Wahlversprechen darstellen. Das Konfliktpotenzial zwischen der neuen US-Regierung und der Fed dürfte also weiter zunehmen.
Fazit: Die US-Notenbank hat im Dezember eine Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte beschlossen. In den kommenden Monaten dürfte sie jedoch vorsichtiger agieren und den Leitzins nicht bei jeder Notenbanksitzung senken.