Wochenausblick Aktien: Whatever it takes

veröffentlicht am 6. März 2025

Wochenausblick Aktien: Whatever it takes

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Die Ereignisse überschlagen sich und führten zu starken Bewegungen an den Kapitalmärkten. Nach dem Eklat zwischen Trump und Selenskyj im Weißen Haus am Freitag gab es zuletzt wieder eine leichte Annährung. Der enorme Schub, den der Trend zu mehr Verteidigungsausgaben in Europa erfahren hat, bleibt aber. In Deutschland wollen die Sondierer von Union und SPD Verteidigungsausgaben oberhalb von 1% von der Schuldenbremse ausnehmen und zusätzlich 500 Mrd. Euro über 10 Jahre in Infrastruktur investieren.

Die entsprechenden Reaktionen am Kapitalmarkt ließen nicht lange auf sich warten. Ließ der DAX am Dienstag noch Federn, weil die USA nun doch Zölle gegen erste Handelspartner einführten, feierten die Börsianer das avisierte Fiskalpaket in Deutschland gestern. Bei all dem Auf und Ab steht das deutsche Börsenbarometer in Summe in diesem Jahr bei einem Zuwachs von über 15%. Auch der kleinere Bruder MDAX, der sich in den letzten Jahren schwertat, liegt aufgrund des kräftigen Schubs gestern inzwischen bei einem ähnlichen Plus.

     

Auch der Rentenmarkt blieb nicht unbeeindruckt. Im Gegenteil, die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen sprang binnen weniger Stunden um 0,4 Prozentpunkte nach oben auf nun über 2,8 %. Dies markiert den stärksten Anstieg an einem Tag seit der Wiedervereinigung. Die Entwicklung ist dabei mehr durch die Annahme optimistischerer Wachstumsaussichten als durch höhere Ausfallrisiken getrieben. Insgesamt gab die Entwicklung dem Euro kräftig Auftrieb. Mit einem Gewinn von 4% innerhalb einer Woche liegt die Gemeinschaftswährung nun bei 1,08 US-Dollar.

Derweil beschloss die EZB wenig überraschend heute die nächste Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte. Damit liegt der Einlagesatz künftig bei 2,50%. Die Notenbankchefin wies darauf hin, dass die Geldpolitik nun weniger restriktiv ist und der Disinflationsprozess voranschreitet. Im Vorfeld hörte man bereits, dass weitere Zinssenkungen kein Automatismus seien und weiterhin ein datengetriebener Ansatz verfolgt wird. Angesichts der deutlich veränderten Rahmenbedingungen sind weitere Zinssenkungen weniger gewiss.

Bei all diesen Entwicklungen übersieht man fast, dass gerade der Nationale Volkskongress in China tagt. Für 2025 wurde wieder das Ziel von „rund 5%“ Wachstum ausgegeben. Dabei soll mehr Fokus auf die Binnennachfrage gelegt, mehr Staatsausgaben getätigt und eine expansive Geldpolitik gefahren werden.

Wie geht es weiter?

Die Euphorie rund um das avisierte Fiskalpaket der designierten neuen Regierung halten wir für verfrüht. Friedrich Merz bediente sich an Draghis Aussage aus der Eurokrise „whatever it takes“. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden ist aber, dass der Notenbankchef damals weitgehend alleine entscheiden konnte. Beim aktuell in Aussicht gestellten Sondervermögen sind Union und SPD aber auf die Zustimmung der Grünen oder der FDP angewiesen. Das muss kein Selbstläufer sein. Zudem bleiben rechtliche Bedenken, ob sich die neue Regierung durch einen Beschluss mit dem alten Bundestag über den Wählerwillen hinwegsetzen darf. Zu guter Letzt kann Geld alleine die strukturellen Probleme nicht beheben. Es ist fraglich, wie bei der aktuellen Geschwindigkeit von Genehmigungsverfahren so viel Geld überhaupt zügig ausgegeben und sinnvoll in Infrastruktur umgewandelt werden kann. Zumindest ist an dieser Stelle mit einem Realitätscheck zu rechnen.

In den USA scheint Trump seine schlimmsten Entgleisungen etwas einfangen zu wollen. Von den jüngst beschlossenen Zöllen wurden beispielsweise einige Autohersteller ausgenommen. Trotzdem bleibt die Frage, wie viel Schaden schon angerichtet wurde. Wir gehen zwar davon aus, dass Trump alles dafür tun möchte, die US-Konjunktur anzukurbeln. Doch könnte er mit seinem ewigen Hin und Her für so viel Verunsicherung sorgen, dass er am Ende genau das Gegenteil erreicht. Zudem stellt sich die Frage, ob die bislang von uns vertretene These, Trump ist gut für die US-Ökonomie, in der Form noch aufrecht zu erhalten ist und nicht gesellschaftliche und ideologische Maßnahmen die höchste Priorität erhalten.

Wie sollte man sich als Anleger angesichts dieser Weltlage positionieren? Wir bleiben bei unserem Mantra: „Mut zur robusten Aufstellung“. In den einschlägigen Aktien-Weltindizes haben die USA aufgrund der herausragenden Performance der US-Titel in der Vergangenheit inzwischen ein Gewicht von rund ¾, obwohl sie „nur“ ¼ des Welt-BIPs erwirtschaften. Falls vorhanden, sollte ein solcher US-Fokus abgebaut werden und stattdessen auf ein ausgewogenes Gleichgewicht der Regionen geachtet werden. Für Europa erscheinen Dividendenfonds attraktiv. Auch die gesamte Region Asien-Pazifik sollte Berücksichtigung finden.

Obwohl wir die Euphorie um die Sondierungsbeschlüsse für verfrüht halten, tragen mittelfristig natürlich die Themen Verteidigung und Infrastruktur.

Die Ereignisse beidseits des Atlantiks lassen wieder Teuerungsgefahren aufflammen. Daher bleibt Gold als Inflationsschutz – aber auch als sicherer Hafen – wichtig. Zudem kann Diversifikation in Fremdwährungen über den US-Dollar und Euro hinaus gefunden werden.

Stand 06.03.2025